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Was ist Stalking? Was hilft gegen Stalker?

von Lieselotte Wever
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Mann verfolgt Frau in verschneitem Park

Zeigt jemand in Deinem Umfeld stärkeres Interesse an Dir, als Dir lieb ist? Bleibt Deine Ablehnung erfolglos? Fühlst Du Dich bedrängt oder sogar bedroht? Dann kann es sich um Stalking handeln. Woran Du Stalking erkennst und wie Du damit am besten umgehst, erfährst Du hier.

Ist das schon Stalking?

Die Kollegin möchte montags immer wissen, was Du am Wochenende gemacht hast? Der neue Nachbar hat Dich schon ein paarmal auf einen Kaffee zu sich eingeladen, obwohl Du jedes Mal abgelehnt hast? Dein Ex ruft ständig bei Dir an, auch nachts?

Was ist eine bloße Belästigung? Wo beginnt Stalking? Der Übergangsbereich zwischen Belästigungen und Stalking ist fließend und gelegentlich schwierig abzugrenzen. Das persönliche Gefühl der gestalkten Person ist zunächst nur ein ungefährer Maßstab dafür, ob es sich noch um eine Belästigung oder schon Stalking handelt. Die persönliche Empfindsamkeit und subjektive Beurteilung der Situation können den objektiven Sachverhalt verzerren.

Im Fall der im Beispiel oben erwähnten Kollegin besteht kein Stalking. Wahrscheinlich ist sie einfach nur neugierig oder möchte mit ihrem gezeigten Interesse für ein gutes Betriebsklima sorgen. Sollte sie ein näheres Interesse an Dir haben, wird sie dies durch weitere Verhaltensweisen zeigen – zum Beispiel, indem sie oft Deine Nähe sucht oder mit Dir privat etwas unternehmen möchte. Erst wenn Du das nicht möchtest, ihr dies auch so mitteilst, sie aber nicht darauf eingeht und ihr Verhalten fortsetzt oder sogar intensiviert, lässt sich von Stalking sprechen.

Beim Nachbarn, der Dich beharrlich zum Kaffeetrinken zu sich einlädt, kann, muss es sich aber nicht um einen Stalker handeln. Erst einmal: Warum nicht den neuen Nachbarn bei einer Tasse Kaffee näher kennenlernen im Sinne einer guten Nachbarschaft? Du kannst Dich dafür statt in seiner Wohnung auch außerhalb mit ihm treffen. Eine Einladung, selbst wenn sie unerwartet kommt, bedeutet noch kein Stalking. Solltest Du jedoch überhaupt nicht interessiert sein, kommuniziere das entsprechend deutlich, aber dennoch höflich. Sage, dass Du nicht nur jetzt gerade keine Zeit für einen gemeinsamen Kaffee hast, sondern überhaupt nicht. Du musst das nicht näher begründen. Lässt der Nachbar daraufhin nicht locker oder sucht er nun sogar intensiver den Kontakt zu Dir, brauchst Du nicht länger höflich zu bleiben. Jetzt sind deutlichere Worte angemessen, aber bitte ohne Beleidigungen. An diesem Punkt ist das Stadium von Stalking erreicht.

Ein Ex, der nicht akzeptiert, dass eine Beziehung zu Ende ist und Dich per Telefon terrorisiert, ist ohne Frage ein Stalker.

Starker verfolg sein Opfer
Wo beginnt Stalking?

Woher stammt der Begriff „Stalking“?

„Stalking“ ist ein Begriff aus dem Englischen mit Ursprung im Gälischen. Das zu den keltischen Sprachen gerechnete Gälisch wird heute noch von einigen Menschen in Schottland und auf dessen vorgelagerten Inseln gesprochen. Aus dem gälischen „stalcaire“ für „Jäger“ oder „Falkner“ entwickelte sich das englische „to stalk“ für „anpirschen“ beziehungsweise „anschleichen“, aus dem sich „stalker“ und „stalking“ ableiten. Als „stalken“, „Stalker“ und „Stalking“ fanden die Wörter Eingang in die deutsche Sprache.

Der Begriff „Stalking“ stammt also aus der Jägersprache. Damit beschreibt er hervorragend das zwischenmenschliche Problem des Stalking, bei dem das Stalking-Opfer gejagt wird.

Stalking trifft nicht nur Prominente

In die Schlagzeilen gelangte Stalking früher vor allem dann, wenn Prominente betroffen waren. Wer in der Öffentlichkeit steht, erweckt leicht eine übersteigerte Aufmerksamkeit, die in Grenzüberschreitungen ausarten kann. Aus Bewunderung wird massive Belästigung, die sich bis zum Liebeswahn steigern kann. Umgekehrt kann aus Ablehnung oder Unerreichbarkeit Hass mit Verfolgungstendenzen werden.

Doch auch „Normalos“ können zu Stalking-Opfern werden. Vielleicht kennst auch Du jemanden, der schon gestalkt wurde. Oder Du warst oder bist selbst Opfer von Stalking. Die meisten Stalking-Opfer sind weiblich. Schätzungsweise 10 % der Deutschen oder etwas mehr wurden in ihrem Leben schon einmal gestalkt.

Was ist typisch für Stalking?

Stalking ist eine seit langem bekannte Verhaltensweise, nur der englische Begriff dafür ist relativ neu. Früher sprach man allgemeiner von Psychoterror, worunter neben anderem zwischenmenschlichen Fehlverhalten auch ein wiederholtes und über Monate oder sogar Jahre andauerndes Belästigen, Nachstellen, Bedrängen und Bedrohen fiel, das heute mit „Stalking“ eindeutiger beschrieben ist. Dabei fühlen sich Stalking-Opfer dem Stalker ausgeliefert. Selbst wenn sie sich die unerwünschte Aufmerksamkeit entschieden verbitten, geht ihr Stalker nicht darauf ein. Es gelingt nicht, ihn abzuschütteln.

Obwohl Stalking in vielfältigen Formen auftritt, fallen dafür typische Handlungen auf:

  • ständige Telefonanrufe, auch nachts, oft mit hinterlassenen Nachrichten auf dem Anrufbeantworter – außer Komplimenten oder Liebesbeteuerungen eventuell auch Beschimpfungen, Drohungen oder Erpressungsversuche
  • häufiges Senden von Briefen, E-Mails, SMS oder Messages
  • Hinterlassen von Nachrichten an der Haustür oder dem Auto
  • Schicken von unerwünschten Geschenken wie beispielsweise Blumen oder Pralinen
  • Abschließen von Zeitschriften-Abos oder Bestellen von Waren bei Versandhäusern im Namen des Stalking-Opfers
  • Verfolgen und Belästigen in Internet-Chaträumen und sozialen Netzwerken des Internets
  • Auskunftschaften des Stalking-Opfers: von Gewohnheiten, dem Tagesablauf und persönlichem Umgang
  • scheinbar zufälliges Erscheinen an Orten, wo sich das Stalking-Opfer oft aufhält: vor der Wohnung oder dem Haus, auf der Arbeit, im Supermarkt, in einem Verein oder auf bestimmten Veranstaltungen
  • Verleumdungen gegenüber Dritten
  • Aggressionen: von Sachbeschädigungen über Körperverletzung bis hin zum Tötungsdelikt
Frau wird per sms bedrängt von ihrem Stalker
Was tun, wenn Dich jemand bedrängt, belästigt und Dich nicht in Ruhe lässt, obwohl Du die Person schon mehrmals darauf hingewiesen hast?

Welche Auswirkungen Stalking für das Opfer hat

Stalking greift tief in das Leben des Opfers ein. Gestalkte Personen fühlen sich meistens in ihrer Lebensqualität stark beeinträchtigt. Die über normale gelegentliche Belästigungen stark hinausgehenden Handlungen des Stalkers verursachen anfangs Verärgerung und Aggressionen. Allmählich entwickeln sich psychosomatische Belastungen:

  • Unruhe, Angst, Panikattacken
  • Schlafstörungen, Albträume, Erschöpfung
  • Gereiztheit, Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Übelkeit, Magenschmerzen, Verdauungsbeschwerden
  • Niedergeschlagenheit, Depressionen

Viele Stalking-Opfer bilden außerdem ein Vermeidungsverhalten aus, insbesondere, wenn sie verfolgt werden. Dazu zählt auch Auflauern. Sie meiden daraufhin bestimmte Orte, von denen sie wissen, dass dort die Chance groß ist, ihrem Verfolger „zufällig“ zu begegnen. Einige ziehen sich allgemein sozial zurück. Sie verstecken sich regelrecht. Unbewusst verstärken sie ihre Opferrolle, indem sie bei allem unerwünschten Interesse des Stalkers an ihrer Person sich selbst auf diesen konzentrieren. Im Extremfall richten sie ihren gesamten Tagesablauf auf ihren Verfolger aus und engen sich damit zusätzlich ein. Bei ihren Versuchen, die Kontrolle über ihr Leben zurückzuerlangen, verlieren Stalking-Opfer in Wirklichkeit diese immer mehr.

Bei besonders massivem Stalking kann es beim Opfer sogar zu einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) kommen.

Wegen der drohenden körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen ist es wichtig, dass sich die Opfer von Stalking frühzeitig wehren.

Was können Opfer von Stalking tun?

Die Hoffnung, bei Nichtbeachtung würde der Stalker seine Handlungen schließlich einstellen, täuscht. Erfahrungsgemäß setzen Stalker ihr Verhalten beharrlich fort, intensivieren es sogar häufig. Du solltest Dir Stalking daher möglichst früh energisch verbitten. Es gilt, unmissverständlich Grenzen zu ziehen. Auch wenn Stalker daraufhin äußerst selten ihre Handlungen einstellen, ist es ganz wichtig, dass Du diesen ersten Schritt tust.

Versuche gar nicht erst, Dich mit Deinem Verfolger auszusprechen. Damit wirst Du nichts erreichen. Verzichte also darauf, ihn anzurufen oder auf seine E-Mails oder andere Nachrichten einzugehen, und wenn es Dir noch so schwer fällt. Du wirst damit das Gegenteil erreichen: Statt Deinen Stalker zum Verständnis oder zur Einsicht zu bringen, wirst Du ihn nämlich ermutigen, so weiterzumachen. Er wird Deinen Appell anders interpretieren, als Du ihn meinst. Er wertet Deine Ausspracheversuche als Signal, dass Du an ihm interessiert bist und sieht darin für sich Chancen.

Sowie Du das Stalking erkannt hast, solltest Du sofort handeln. Teile Deinem Stalker klar mit, dass von Deiner Seite aus kein Interesse an ihm besteht und er Dich in Ruhe lassen soll. Wenn Du ihm dies persönlich sagen möchtest, dann am besten in Gegenwart von Zeugen. Möchtest Du es ihm schriftlich mitteilen, schicke ihm Deine Erklärung per Einschreiben, zur Sicherheit als Übergabe-Einschreiben, möglichst mit Rückschein. Belasse es bei dieser einmaligen Erklärung. Andernfalls verstrickst Du Dich mit Deinem Stalker in eine erfolglose Diskussion, die Dich Nerven kostet, Deinen Stalker jedoch erfreut, da er sie als Aufmerksamkeit an seiner Person wertet.

Sprich mit Deiner Familie, Freunden und Bekannten über Dein Problem. Ist Dein Stalker ein Nachbar oder Kollege, informierst Du am besten außerdem den Vermieter oder Vorgesetzten. So bist Du nicht länger allein mit Deinem Problem und der Stalker muss mit weiteren Konsequenzen für sein Verhalten rechnen.

Gegen Telefonterror kannst Du bei Deinem Telefonunternehmen eine Geheimnummer beantragen. Die neue Nummer gibst Du nur noch an Vertrauenspersonen weiter. Sie erscheint weder in öffentlichen Telefonverzeichnissen noch wird sie von der Telefonauskunft weitergegeben.

Stalking ist eine ernste Angelegenheit. Leider unterschätzen dies viele Menschen, die es noch nicht selbst erlebt haben. „Sei doch nicht so empfindlich!“ oder „So schlimm ist das doch nun auch wieder nicht!“ sind häufige Reaktionen auf Schilderungen von Stalking-Begebenheiten. Oder: „Was hast Du? Andere wären froh, wenn sich jemand so intensiv für sie interessieren würde!“ Lasse Dir Dein Problem nicht kleinreden. Bestehe beharrlich auf Hilfe, wo sie nötig ist, ob am Arbeitsplatz oder in der Nachbarschaft. Bitte informierte Verwandte und gute Freunde um Unterstützung.

Was Stalking-Betroffene außerdem tun sollten

Neben der strikten Abwehr ihres Stalkers sollten Betroffene weitere Maßnahmen gegen Stalking ergreifen. Es ist leider damit zu rechnen, dass der Verfolger beziehungsweise unerwünschte Verehrer sich nicht einfach abschütteln lässt.

Beweise sichern

Statt genervt Briefe oder Grußkarten wegzuwerfen und E-Mails, PN oder den Anrufbeantworter zu löschen, bewahre diese zur Beweissicherung unbedingt auf. Das gilt auch für Vergängliches wie Blumensträuße, die Du nach Erhalt mit einer daneben gestellten Tageszeitung oder einem ähnlichen Datumsbeweis fotografierst. Für den Fall, dass die Situation schließlich völlig eskaliert und womöglich vor Gericht landet, bist Du mit solchen Beweisen gut gerüstet.

Tagebuch führen

Mit einem Stalking-Tagebuch legst Du ein weiteres Beweismittel an. Notiere darin sämtliche Stalking-Aktionen einschließlich Datum, Uhrzeit und Ort des Geschehens. Beschreibe die Aktionen und was Dir dabei außerdem wichtig erscheint. Halte auch ruhig fest, wie Du Dich bei bestimmten Handlungen Deines Stalkers gefühlt hast, zum Beispiel bedroht oder emotional völlig aufgelöst.

Gerade wenn sich Stalking über einen längeren Zeitraum hinzieht, hilft ein Stalking-Tagebuch sehr dabei, die Vorgänge später zu rekonstruieren und strukturiert zu präsentieren. Das kann zum einen vor Gericht von Bedeutung sein, zum anderen auch hilfreich, wenn Du Dich wegen des Stalkings in ärztliche Behandlung begeben musst. Übrigens können durch das Stalking aufgetretene Gesundheitsschäden – körperliche wie seelische – bei einem möglichen Gerichtsverfahren relevant sein.

Gesundheitsschäden ärztlich dokumentieren lassen

Wie bereits geschildert, kann Stalking zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Scheue Dich nicht, deswegen einen Arzt oder Psychologen aufzusuchen. Neben der Behandlung an sich werden die Gesundheitsbeeinträchtigungen dokumentiert. Erst recht gilt dies, wenn der Stalker handgreiflich geworden ist und Dir womöglich blaue Flecken, Kratzer oder gar stärkere Verletzungen zugefügt hat. Dann handelt es sich bereits um den Straftatbestand der Körperverletzung, der unbedingt einer ärztlichen Behandlung, Begutachtung und Dokumentation bedarf. Spätestens jetzt solltest Du Dich gegen Deinen Stalker auch mit juristischen Mitteln wie einer Anzeige oder Klage wehren.

In schlimmsten Stalking-Verläufen haben Stalker ihre Opfer nämlich schon getötet. Es sind keineswegs nur „die Anderen“, die eines Tages als Totschlag- oder Mordopfer in der Zeitung stehen. Nein, das kannst eines Tages auch Du sein, wenn Du nicht rechtzeitig gegen gewalttätiges Stalking einschreitest beziehungsweise Dir kompetente Hilfe suchst.

Zeugen suchen

Manchen ist nicht klar, was Stalking wirklich bedeutet. Sie halten es für eine gewöhnliche Belästigung oder womöglich gar für Koketterie Deinerseits. Dazu kommt, dass Stalking-Handlungen geradezu übertrieben ausfallen können und sich so Außenstehenden schwer vermitteln lassen. Stalking-Opfern wird daher oft nicht geglaubt. Umso wichtiger ist es also, dass Du Dir Zeugen suchst. Das gelingt am besten, wenn Du dafür bekannte Gewohnheiten des Stalkers nutzt. Spiele Freunden seine Nachrichten auf dem Anrufbeantworter vor. Zeige ihnen seine Briefe. Lauert Dein Stalker Dir auf, vor allem an Orten, wo Du Dich gern aufhältst, mache Deine Begleiter unbedingt darauf aufmerksam. Sind es Orte, wo Du üblicherweise allein hingehst, nimm Dir mal jemanden als Zeugen mit. Besucht Dich Dein Stalker am Arbeitsplatz, erkläre Kollegen die Situation und bitte sie, sich bei Bedarf als Zeugen zur Verfügung zu stellen. Ebenso können Nachbarn einiges bemerkt haben und wertvolle Zeugen sein.

Zur Beratungsstelle

An vielen Orten gibt es Beratungsstellen für Opfer von Gewalt und Stalking. Hier triffst Du auf Leute, die sich mit dem Thema auskennen und Dich verstehen. Sie hören Dir zu und unterstützen Dich mit hilfreichen Informationen und Maßnahmen. Im Gespräch mit fachkundigen Menschen zu Stalking wird es Dir außerdem gelingen, etwas zur Ruhe zu kommen und Deine Gedanken zu ordnen.

Sind Stalker krank?

Wie wird jemand zum Stalker? Sind Stalker immer krank? Normal ist so ein Verhalten schließlich nicht. Tatsächlich gelten Stalker psychologisch betrachtet als vom Normalverhalten abweichende Personen. Dafür gibt es allerdings verschiedene Ursachen und Verhaltensformen.

So unterscheiden manche Psychologen bei Stalkern zwischen dem „Hunter“ – dem Jäger – und dem „Howler“ – dem Heuler. Der Hunter ignoriert Grenzen, lässt nicht locker und beißt sich nicht nur im übertragenen Sinne in seinem Opfer regelrecht fest, sondern kann durchaus Gewalt ausüben. Beim Howler wiederum besteht die Chance, dass er vor Grenzen Halt macht, sofern er frühzeitig eine klare Ansage erhält. Dabei handelt es sich beispielsweise um eine sogenannte Gefährderansprache durch die Polizei, um einen klar und bestimmt formulierten Brief vom Rechtsanwalt oder um eine einstweilige Verfügung durch ein Zivilgericht.

Das Problem bei Stalkern ist jedoch, dass sie sich im Allgemeinen selbst als Opfer betrachten und keine Einsicht in ihr Fehlverhalten haben. Oft messen sie auch banalen Situationen eine überzogene Bedeutung bei oder legen eigenmächtige Interpretationen in Aussagen ihres Opfers hinein, woraus sich eine für den Stalker subjektiv begründete Handlungsberechtigung ergibt. Manche von ihnen sehen darin sogar eine Macht des Schicksals.

Typisch für viele Stalker ist, dass sie mit Zurückweisung nicht zurechtkommen. Das kann an mangelndem Selbstbewusstsein liegen, aber auch an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Bei manchen Stalkern kann sich eine Beziehungssuche bis zum Liebeswahn steigern, bei dem sie nur noch ein Ziel – die Beziehung mit der einen Person – im Auge haben und blind sind für alle dagegensprechenden Anzeichen. Ungenügend ausgereifte soziale Fähigkeiten können ebenfalls Menschen zu Stalkern machen. Vor allem in ihrem persönlichen Umfeld wie Arbeitsstelle oder Nachbarschaft überschreiten sie soziale Grenzen ohne jegliches Feingefühl.

Rache ist ein weiteres starkes Motiv für Stalking. Opfer dieser Stalker werden außer dem persönlichen Umfeld häufig Ärzte, Rechtsanwälte oder Behördenmitarbeiter. Die meist psychisch kranken Stalker empfinden sich als Opfer, oft aufgrund einer als ungerecht wahrgenommenen Behandlung oder aus einem übersteigerten Rechtsempfinden heraus. Psychopathische Charakterzüge bei Stalkern können sich obendrein in einem Kontrollwahn ausdrücken.

Eine gefährliche Variante der Stalker bilden Sadisten, die aus ihren Handlungen und den daraus folgenden Leiden ihrer Opfer eine tiefe persönliche Befriedigung ziehen.

Stalker sind also nicht zwingend psychisch krank, zeigen meistens aber doch neurotische Charakterzüge oder Persönlichkeitsstörungen. In schwerwiegenden, glücklicherweise seltenen Fällen kann es sich bei ihnen um gefährliche Psychopathen handeln.

Wer wird Stalking-Opfer?

Im Prinzip kann jeder zum Opfer eines Stalkers werden. Es genügt, dass sich jemand in Dich verliebt, Du aber seine Liebe nicht erwiderst und er dies nicht akzeptiert. Ab da bist Du Ziel seines aufdringlichen Werbens zum Dich. Oder jemand sucht so oft wie möglich Deine Nähe, weil Du eine Person bist oder etwas besitzt, woran er unbedingt teilhaben möchte: So kannst Du beruflich viel erreicht haben und er möchte sich in Deinem Glanz sonnen. Oder Du hast Kontakt zu bekannten Personen, zu denen er über Dich ebenfalls Zugang sucht. Vielleicht hast Du auch materielle Dinge, die jemanden reizen. Es gibt vieles, was gerade bei labilen Menschen übersteigerte Begehrlichkeiten hervorrufen kann.

Es kommt vor, dass Täter und Opfer eines Stalking-Geschehens bisher nie miteinander zu tun hatten. Der Stalker findet Interesse an einer fremden Person, spioniert sie aus und stalkt sie. Meistens jedoch existiert eine Beziehung zwischen Täter und Opfer. Überdurchschnittlich häufig ging dem Stalking das Beenden einer Beziehung oder Ehe voraus, oder der verliebte Täter erhielt vom späteren Stalking-Opfer einen Korb.

Ist Stalking strafbar?

Was sagt der Gesetzgeber zu Stalking? Bis vor einigen Jahren war Stalking noch kein offizieller Straftatbestand. Am 31. März 2007 erschien zwar mit dem § 238 StGB ein Gesetz zur sogenannten beharrlichen Nachstellung. Gegen Stalking erwies es sich jedoch in der Praxis oft als wirkungslos und viele Strafanzeigen liefen ins Leere. Die erschreckende Bilanz: Nur rund ein Prozent der gemeldeten Stalking-Fälle hatten eine gerichtliche Verurteilung des Stalkers zur Folge. Das lag vor allem daran, dass für eine Täterverurteilung das Opfer in seiner Lebensgestaltung erheblich beeinträchtigt sein musste. Darunter verstanden die Richter so dramatische Folgen des Stalkings, bei denen die Opfer selbst schwere Konsequenzen aus dem Stalking ziehen mussten, zum Beispiel indem sie ihren Arbeitsplatz wechselten oder in eine andere Stadt zogen. Dazu war trotz allem längst nicht jedes Stalking-Opfer bereit. Daraufhin eingestellte Verfahren oder sogar Freisprüche ermutigten Stalker daraufhin eher, ihre Nachstellungen fortzusetzen.

Erst 10 Jahre später, am 10. März 2017, trat die Reform des § 238 StGB in Kraft. Stalking gilt jetzt als Gefährdungsdelikt und damit als Offizialdelikt, nicht mehr als Privatdelikt. Die Opferschutzorganisation „Weißer Ring“ gab zu bedenken, dass für strafbares Stalking nicht bloß die tatsächliche Beeinträchtigung des Opfers zugrundegelegt werden darf, sondern allein das Bemühen des Opfers, dem Stalker und seinen Handlungen zu entfliehen. Ebenfalls ein häufiges Hemmnis in der Bestrafung von Stalkern war es in der Vergangenheit, dass Opfer doch in irgendeiner Weise auf ihren Stalker reagieren, statt ihn zu ignorieren. Wenn sie dann aus Angst bei einem erneuten Terroranruf sich auf ein Gespräch einließen, anstatt aufzulegen, wurde dies vor Gericht als doch noch vorhandener Kontaktwunsch des Opfers ausgelegt.

Nach derartigen Denkanstößen beschloss der Gesetzgeber eine Reform des § 238. Opfer von Stalking sollte das reformierte Gesetz nun besser schützen. Stalker sollten wiederum nun leichter verurteilt werden können.

Die Gesetzesreform ist ein Fortschritt. Ob sie in Zukunft ausreichend sein wird, muss sich erst in der Praxis erweisen. Stalking ist ein facettenreiches Geschehen. Hinzu kommt, dass die dabei zugefügten Verletzungen hauptsächlich psychischer Natur sind und somit schwieriger definierbar als sichtbare körperliche Verletzungen.

Was unterscheidet Stalking von Mobbing?

Auf den ersten Blick erscheint Stalking wie eine besondere Form von Mobbing. Beide Belästigungsvarianten unterscheiden sich allerdings in einem entscheidenden Details.

Bei Mobbing traktiert eine Gruppe eine einzelne Person, isoliert sie, versucht, sie einzuschüchtern oder zu bedrohen, stellt unwahre Behauptungen über sie auf oder schikaniert sie. Der Begriff „Mob“ stammt übrigens auch aus dem Englischen und bedeutet so viel wie „Gesindel“ oder „Pöbel“: die passende Beschreibung für das gewöhnliche Naturell von Mobbern.

Stalking dagegen ist fast immer eine Angelegenheit zwischen zwei einzelnen Personen: dem Stalking-Opfer und seinem Stalker.

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Kurz gesagt

Stalking kann jeden treffen. Meistens stehen der Stalker und sein Opfer in einer Beziehung zueinander: als einstige Partner einer inzwischen beendeten Beziehung, als Kollegen oder als Nachbarn. Auch aus einer geschäftlichen Beziehung kann sich Stalking entwickeln: zwischen Kunde und Verkäufer, zwischen Klient und Anwalt oder zwischen Patient und Arzt. Die Qualitätsskala des Stalking reicht von massiver Belästigung bis zur beängstigenden Bedrohung. Stalking-Opfer leiden vor allem psychisch bis hin zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Stalking-Opfer sollen sich so früh wie möglich gegen ihren Stalker wehren, denn Stalker geben nicht von selbst auf.

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