Stell Dir vor, in ganz Deutschland fällt von einer Sekunde auf die andere der Strom aus. Dieser Stromausfall dauert nicht nur ein paar Minuten oder wenige Stunden. Eine Horrorvision oder einfach nur lästig? Was hat es für Folgen, wenn tagelang die elektrische Stromversorgung ausbleibt?
Stromausfall, wie ihn jeder kennt
Stromausfall? Klar, das hast Du schon erlebt. Mehrmals sogar. Einmal flackerte abends kurz Deine Lampe, dann war alles wieder gut. Neulich hast Du von der Arbeit länger nach Hause gebraucht, weil es auf Deiner U-Bahn-Strecke einen Stromausfall gab. Richtig genervt warst Du, als der Strom über mehrere Stunden wegblieb. Schlagartig ging in Deiner Wohnung das Licht aus, auch die Straßenbeleuchtung brannte nicht mehr. Radio und Fernseher taten keinen Mucks mehr. Die Internetverbindung war unterbrochen. Die Heizung lief nicht mehr. Dir wurde bewusst, wie abhängig Du vom elektrischen Strom bist. Nicht auszudenken, wenn es in Deutschland einen totalen Stromausfall gäbe!
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Ursachen für Stromausfall
Bei Stromausfällen von Sekundenbruchteilen wird die Stromversorgung automatisch wieder fortgesetzt. Meistens sind dafür Blitzeinschläge, Leitungsfehler oder Schaltfehler verantwortlich. Kurzfristige Spannungsabsenkungen durch Netzüberlastungen müssen nicht, aber können die Stromzufuhr unterbrechen. Ein minuten- bis stundenlanger Spannungsabfall führt zu einem Stromausfall, der weiträumig sein kann. Blitzeinschläge, defekte Technik, alte und schlecht gewartete Leitungen, Kurzschlüsse, aber auch Extremwetterlagen vor allem im Winter sowie Stürme des Erdmagnetfeldes oder magnetische Sonnenstürme haben schon weltweit größere Stromausfälle verursacht.
Bekannt wurden daneben Sabotageakte gegen Stromversorger, wie zum Beispiel 1961 in Südtirol. Im US-Bundesstaat Kalifornien treten aufgrund Energieknappheit immer wieder Stromausfälle auf. Im Jahr 2000 erreichten sie einen neuen Rekord. Als 3 Jahre später ein Energiekonzern insolvent wurde, kam heraus, dass einige Stromerzeuger die Verknappung absichtlich herbeigeführt hatten, um so die Strompreise am Markt zu manipulieren.
Es wird hoffentlich nie eintreten, ist aber denkbar, dass die Stromversorgung zum Ziel terroristischer oder kriegerischer Angriffe werden könnte, unter anderem durch Cyberattacken.
Totaler Stromausfall in Deutschland: realistisch?
Ist es nicht bloß ein Gedankenspiel oder kann tatsächlich eines Tages in ganz Deutschland der Strom ausfallen? Immerhin gibt es hierzulande mehrere Stromversorger und verschiedene regionale und überregionale Stromnetze. Außerdem gibt es in sensiblen Bereichen von beispielsweise Produktionsbetrieben oder Krankenhäusern Generatoren beziehungsweise Notstromaggregate zur eigenen unabhängigen Stromversorgung. Die Netze sind zudem durch verschiedene technische Sicherungsmaßnahmen gegen größere Stromausfälle geschützt. Doppelsysteme, (n-1)- und (n-2)-Prinzip oder die Maschenvernetzung als weniger anfällige Alternative gegenüber Strahlenvernetzung und Ringvernetzung sind ein paar Stichworte hierzu.
Die Stromversorgungstechnologie ist in Deutschland sehr ausgereift. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es trotzdem nicht. Selbst wenn nicht in Gesamt-Deutschland die elektrische Stromversorgung zusammenbricht, würde ein überregionaler andauernder Energieausfall in wenigen Tagen zur Katastrophe führen. In welchen Schritten sich allmählich ein Inferno entwickeln würde, erfährst Du jetzt.
Kompletter längerer Stromausfall: Horrordrama in 13 Kapiteln
Erinnerst Du Dich gerade an Deinen zuletzt erlebten mehrstündigen Stromausfall und denkst: „Zugegeben: Das hatte ganz schön genervt. War zwar auch spannend, wie sich mit einem Mal die Atmosphäre veränderte und ich gezwungen war, zu improvisieren. Trotzdem war ich heilfroh, als nach gefühlter Ewigkeit der Strom endlich wieder zurück war.“ Sei froh, dass es damals nur Stunden waren! Denn …
1. Stromausfall-GAU: die ersten Momente
Plötzlich verstummt das Radio. Die Waschmaschine stoppt mitten im Programm. Festnetztelefonate brechen ab. Das Internet fällt aus. Überall verlöschen die Beleuchtungen – zu Hause, in Geschäften und auf der Straße. U-Bahnen und Eisenbahnzüge bleiben stehen. Aufzüge stecken fest. Ampeln zeigen Schwarz. Es kommt zu ersten Verkehrsunfällen.
2. Zusammenbruch der Kommunikationsnetze
Ohne Elektrizität funktionieren Festnetztelefone, Computer und Internetserver nicht mehr. Handys könnten noch einige Stunden verwendbar sein – solange der Akku reicht und noch ein Handynetz besteht. Jedoch musst Du mit einer dauernden Überlastung des Netzes rechnen.
Mit dem Zusammenbruch der Kommunikationsnetze endet der Zugang zu Informationen. Familie und Freunde sind nicht mehr erreichbar, falls sie nicht in der Nachbarschaft, sondern weiter entfernt leben.
3. Stillstand der Verkehrsmittel
Weißt Du, dass in Deutschland beinahe nur jede 1000. Tankstelle eine Notstromversorgung hat? Zwar können Tankstellen bei einem Stromausfall von einem internen Logistikdienstleister kurzfristig Notstromaggregate erhalten. Da jedoch bei totalem Stromausfall die dafür notwendige Kommunikation nicht mehr möglich ist, scheidet diese Lösung aus. Tankstellen verwenden elektrische Pumpen. Ohne Strom gibt es dort bald keinen Treibstoff mehr. Nachdem bereits die elektrisch betriebenen Verkehrsmittel ausgefallen sind, fahren nun auch keine Autos mehr. Wer jetzt irgendwo hinmöchte, muss das Fahrrad nehmen oder zu Fuß gehen. Allenfalls wäre noch der Einsatz von Pferden zum Reiten oder Fahren möglich.
Neben den bereits erwähnten Aufzügen bleiben auch Rolltreppen, Seilbahnen und Skilifte stehen. In Parkhäusern funktionieren die Schranken nicht mehr, sodass darin geparkte Fahrzeuge nicht mehr hinausgelangen.
4. Lebensmittelversorgung in Not
In Supermärkten, weiteren Lebensmittelgeschäften und Kiosken fallen die Kühlsysteme aus. Tiefkühlkost und frische Lebensmittel beginnen aufzutauen und zu verderben. Sie werden schleunigst zu Tiefstpreisen verkauft – wenn es überhaupt noch zu Verkäufen kommt. Nicht mehr bedienbare Kassen sind dabei das kleinere Problem. Eine Folge des Stromausfalls sind nämlich versagende Alarmanlagen und weitere Sicherungssysteme. Plünderungen werden daher unausweichlich sein.
5. Kollaps des Zahlungsverkehrs
In Notsituationen dreht sich das Gedankenkarussell in rasender Geschwindigkeit. Den Menschen wird klar: Bei andauerndem Stromausfall werden sie finanziell auf ihre Bargeldreserven angewiesen sein. Kreditkarten und Überweisungen können sie vergessen. Im Nu bilden sich Menschenschlangen vor Geldinstituten. Doch weder am Schalter noch am Geldautomaten ist jetzt noch Bares erhältlich. Als Folge ist mit der Entwicklung von Tauschsystemen für Waren und Dienstleistungen zu rechnen.
6. Auftreten zwischenmenschlicher Aggressionen
Durch Probleme beim Besorgen von Lebensmitteln und Bargeld zeigen sich erste zwischenmenschliche Aggressionen. Urtriebe brechen sich Bahn. Es kommt zu Prügeleien und Ausrauben anderer Personen.
7. Einbrechen der medizinischen Versorgung
Bereits am zweiten Tag eines totalen Stromausfalls machen sich massive Beeinträchtigungen im Gesundheitswesen bemerkbar. Zwar erhalten Krankenhäuser über ihre Notstromaggregate in Bereichen wie Operationssälen und Intensivstationen einen Notbetrieb aufrecht. Andere Einrichtungen allerdings wie Pflegeheime, Seniorenheime oder Dialysezentren müssen ihr Angebot stark einschränken und Teilbereiche schließen. Möglicherweise werden Arztpraxen und Apotheken schließen.
In den folgenden Tagen werden Medikamente immer knapper. Für dringend darauf angewiesene Patienten wird die Lage lebensbedrohlich. Ebenso fatal wirken sich fehlende Blutkonserven, ausgehendes Insulin und aufgebrauchte Dialysemittel aus. Das liegt nicht nur an zur Neige gehenden Beständen in Apotheken und Krankenhäusern, sondern auch an der nicht mehr möglichen Produktion von Nachschub, der sich ohnehin nicht an die Abnahmeorte transportieren ließe.
8. Zusammenbruch von Produktion und Versorgungsketten
Allgemein stehen die Produktionen unterschiedlichster Branchen still. Maschinen, Fließbänder, Prüfgeräte – ohne Strom geht nichts mehr. Die Lager werden von umliegenden Verbrauchern rasch geräumt. Als Handicap erweist sich die inzwischen weitverbreitete Just-in-Time-Produktion, bei der die Waren kurzfristig nach akutem Bedarf hergestellt werden.
9. Katastrophe in der Massentierhaltung
In vielen Bereichen der modernen Landwirtschaft läuft es nicht mehr ohne Strom. Stark stromabhängig ist zum Beispiel die Massentierhaltung. Die Versorgung mit Futter, Wasser und frischer Luft ist längst elektrisch geregelt. Ohne Strom arbeiten auch Melkanlagen nicht. Bei Hunderten oder sogar über Tausend gehaltenen Tieren können Bauernfamilien und ihre Angestellten selbst bei bestem Willen und größtem persönlichen Einsatz nicht alle Tiere von eigener Hand versorgen. Bereits innerhalb der nächsten zwei bis drei Tage wird ihr Vieh qualvoll verendet sein.
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10. Stopp der Wasserversorgung
Wasserwerke und Kläranlagen arbeiten oft mit elektrischen Pumpen. Es leuchtet ein, dass bei einem kompletten Stromausfall keine Wasserversorgung mehr stattfinden kann. Das hat erhebliche Folgen:
- kein Trinkwasser mehr
- Hygienemängel durch reduzierte Körperpflege, unsaubere Kleidung, unreines Geschirr
- keine Abwasserentsorgung mehr einschließlich Fäkalienabtransport
- Seuchengefahr
Bis eine wenigstens minimale Wasserversorgung der Bevölkerung durch staatliche Stellen oder das Technische Hilfswerk erfolgen kann, wird es einige Tage dauern. Bei kaum noch vorhandenen herkömmlichen Transportmöglichkeiten wird dies allerdings schwierig werden.
Wer im Versorgungsgebiet eines Wasserwerks lebt, dessen Netz über das natürliche Gefälle statt über Pumpen läuft, hat vorerst Glück. Dauert der Stromausfall jedoch an, werden auch hier die Wasserreserven irgendwann erschöpft sein.
11. Brandgefahr
Bei nicht mehr funktionierender Heizung und ohne elektrisches Licht werden Menschen in ihren Wohnungen und Häusern diesem Notstand mit offenem Feuer begegnen. Sie werden Kerzen anzünden, feuerbetriebene Kochgeräte einsetzen und – sofern vorhanden – bei Kälte ihre Kamine befeuern. Es wird zu Haus- und Wohnungsbränden kommen. Bei Wassermangel und einer nicht mehr mobilen Feuerwehr können sich gerade in Städten Brände rasch weiter ausbreiten.
12. Risiko Kernkraftwerk
Kernkraftwerke sind gegen Stromausfälle technisch mehrfach geschützt. Verschiedene Zwischenfälle zeigen aber, dass es keine absolute Sicherheit der Atomkraftwerke gibt. Beispielhaft sei hier das Atomkraftwerk von Tschernobyl genannt, das aufgrund eines kompletten Stromausfalls explodierte. Damals fand eine Übung zum Beherrschen des Kernreaktors bei Stromausfall statt. Durch die Bauart des Reaktors sowie menschliches Versagen insbesondere hinsichtlich der Sicherheitsvorschriften erhöhte sich die Leistung des Kraftwerks stetig und ließ sich nicht mehr unter Kontrolle bringen.
Bei deutschen Atomkraftwerken wird ein mehrtägiger Stromausfall die Kühlung und weitere Prozesse ausfallen lassen. Ohne ständige Kühlung werden die Brennstäbe so heiß werden, dass sie schmelzen. Es würde nach rund einer Woche zur Katastrophe kommen – dem GAU.
13. Öffentliche Ordnung gerät zum Chaos
Angst macht sich breit. Menschen trauen sich nicht mehr auf die Straße. Was wird überwiegen? Werden Menschen sich gegenseitig beistehen oder denkt jeder nur noch an sich selbst? Aggressionen und Gewalt können in der Bevölkerung hervorbrechen. Staatliche Organe wie die Polizei greifen nicht mehr ein. Die Gesellschaft landet im Chaos.
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Kurz gesagt
Ein mehrtägiger Stromausfall in ganz Deutschland führte innerhalb weniger Tage zum Chaos. Wer so ein Szenario in Gedanken durchspielt, stößt auf weitreichende Folgen. Manches ist offensichtlich, anderes tritt erst als weitere Folgeerscheinung auf. Deutsche Stromnetze verfügen über gleich mehrere Sicherungsvorkehrungen. Ein weiträumiger oder gar landesweiter Stromausfall ist daher unwahrscheinlich, jedoch nicht auszuschließen. Die im Zivilschutzkonzept empfohlenen Vorbeugungsmaßnahmen für einen möglichen allgemeinen Katastrophenfall sind auch für den Fall eines denkbaren größeren Stromausfalles hilfreich.