Start FamilieKinder Terrorangst und Amoklauf: Wie erkläre ich das meinem Kind?

Terrorangst und Amoklauf: Wie erkläre ich das meinem Kind?

von Jens Bayer
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Polizei-Absperrband quer über die Straße

Die Medien verdienen ihr Geld überwiegend mit schlechten Nachrichten. Immer wieder gibt es Terroranschläge, Naturkatastrophen, Kriege und die Verbrechen einzelner Menschen, über die mehr oder weniger effektheischend berichtet wird. Hier geben wir Dir Tipps, wie Du Antworten auf die unvermeidlichen Fragen von Kindern findest und wie Du Dein Kind vor Albträumen schützen kannst.

Wie erklärt man schreckliche Taten, die man selbst kaum begreifen kann?

Manchmal ist es besser, nichts zu wissen

Nicht nur für Kinder, auch für die meisten Erwachsenen gilt, dass sie sich viel zu viele Sorgen machen. So schlimm ein Amoklauf oder ein Verbrechen auch ist, die Berichterstattung schürt meist Ängste, die in keiner vernünftigen Relation zum Geschehenen stehen. Wer sich täglich die neuesten Schreckensmeldungen aus aller Welt antut, der sollte zumindest einen Ausgleich haben und auch die guten Dinge im Leben bewusst wahrnehmen.

Kinder sollten nicht von der Welt abgeschottet werden, sie sollten aber auch nicht alles wissen. Vor allem nicht mit allen schrecklichen Details. Die Nachricht von einem Terroranschlag ist in den Radionachrichten viel weniger verstörend als im Fernsehen. Bei Zeitungen und Zeitschriften könnt Ihr als Eltern entscheiden, was das Kind zu sehen bekommt. Sind die Bilder zu schlimm, müssen sie nicht gezeigt werden. In den Fernsehnachrichten wisst ihr allerdings nie, was als nächstes zu sehen sein wird.

 

Piranhas wie in einem Albtraum
Tagsüber Erlebtes kann bei Kindern in der Nacht zu schweren Albträumen führen

Wenn möglich gemeinsam mit dem Kind Nachrichten schauen

Verstörende Bilder lauern überall. Sobald das Kind das erste Smartphone hat, können Eltern kaum verhindern, dass der Sohn oder die Tochter mit schlimmen Bildern in Berührung kommt. Umso wichtiger ist, dass Ihr Nachrichten möglichst nur gemeinsam mit dem Kind anseht oder im Radio anzuhört. Am besten nur kindgerechte Sendungen und wenn Euer Kind schon alt genug ist. Kleine Kinder sollten von Nachrichtensendungen ferngehalten werden.

Kinder lernen, indem sie beobachten und nachahmen. Wenn Ihr gelassen bleibt und eine Gefahrenlage realistisch interpretiert, dann übernimmt Euer Kind diese Gelassenheit. Wenn Ihr euch über jeden Verkehrsunfall aufregt, dann ist es kein Wunder, wenn auch das Kind seine emotionale Stabilität verliert.

Offen antworten, wenn Fragen zu Terror und Gewalt kommen

Bestimmte Themen gelten vor Kindern nach wie vor als tabu: Sex, Gewalt, Tod, … Es ist zwar richtig, dass Kinder erst ab einem bestimmten Alter reif genug sind, um zu verstehen, was da vor sich geht. Doch sie sind klug und sensibel genug, um zu merken, wenn ihnen etwas verschwiegen wird. Die Folge ist entweder, dass sie unsicher werden, oder dass sie die Schwäche der Eltern ausnutzen und weiter nachbohren. Dabei ist die direkte Antwort meist die beste Antwort. Wenn die Eltern einen Sachverhalt ohne Aufregung erklären, verlieren Kinder meist schnell das Interesse und wenden sich wieder anderen Themen zu.

Auch Du als Mutter oder Vater kannst nicht alles wissen. Du kannst nicht mit Sicherheit sagen, dass Du Dein Kind vor einem Unglück oder Anschlag beschützen kannst. Aber Du kannst ihm die Sicherheit geben, dass Du alles dafür tun wirst, was in Deiner Macht steht.

Nicht beschönigen oder um den heißen Brei herum reden

Da Kinder vieles noch nicht verstehen, halten sie sich an das, was sie intuitiv begreifen: Die Reaktion der Eltern. Wenn die Eltern einer Frage ausweichen oder ihr Verhalten plötzlich ändern, dann ist das für das Kind verdächtig. In der Folge können Kinder zu dem Schluss kommen, eine Sache sei so schlimm, dass man nicht darüber reden darf. Vielleicht sogar so schlimm, dass noch nicht einmal die Eltern damit klarkommen. Ihr dürft auch als Eltern Angst und Sorge zeigen, doch Ihr dürft Euer Kind nicht zu falschen Schlüssen verleiten.

Rituale helfen

Egal, ob Ihr religiös seid oder nicht: Ohne festgelegte Abläufe und Handlungsmuster ist das menschliche Leben nicht denkbar. Nach einem schrecklichen Ereignis wie einem Amoklauf oder einen Bombenanschlag ist Normalität besonders wichtig. Und die erreicht man dadurch, dass man an seinen Traditionen und Ritualen festhält. Wahrscheinlich macht Ihr das auch schon so, wenn Euer Kind krank ist. Dann bekommt es vielleicht ein spezielles Kinderbuch vorgelesen oder es wird mit einer Krankenspeise gepflegt, die es nur dann gibt. Das funktioniert auch für Ängste und Albträume. Ein Sorgentuch zum Beispiel, in das man einen Knoten macht, der dann wieder aufgelöst wird, wenn die Angst vorbei ist oder damit die Angst weggeht. Ein Skizzenbuch, in das man seine Ängste zeichnet und darin verbannt. Probiert aus, was am besten zu Euch passt.

Kinderhand in der Hand eines Erwachsenen
Terrorangst bei Kindern: Mit Ritualen kann man das Gefühl der Geborgenheit wiederherstellen

Was, wenn das Kind nicht über seine Ängste spricht?

Kommunikation kann auf vielfältige Weise stattfinden. Kinder drücken sich im Spiel und in Kreativität ebenso aus wie in Worten. Wenn ein schreckliches Ereignis scheinbar spurlos an Eurem Kind vorübergeht, dann dürft Ihr das Thema ruhig mal von Euch aus ansprechen. Drängt Euch dem Kind aber nicht auf. Vielleicht ist der Anschlag in der Nähe für das Kind gerade gar nicht so wichtig, weil die Probleme in der Schule noch viel näher und viel drängender sind.

Terrorangst bei Kindern: Wann sollte man sich professionelle Hilfe holen?

Kinder haben mit einer großen Zahl von Ängsten zu kämpfen. Als Erwachsener vergisst man meist, wie viele Alpträume man in jungen Jahren hatte und wie unfertig die Denkstrukturen waren. Erst, wenn sich bestimmte Ängste und Störungen verfestigen, wird es Zeit einen Psychologen oder Therapeuten um Rat zu fragen. Anzeichen sind Schlafstörungen, Albträume, Sprachfehler, Bettnässen, anhaltende Probleme in der Schule oder ständig wiederkehrende schlechte Erinnerungen.

Ab wann sollte man mit Kindern über schlimme Nachrichten reden?

Grundsätzlich gilt, dass Ihr dann mit Euren Kindern über schlimme Ereignisse reden solltet, wenn sie von alleine damit ankommen. Als Faustregel gilt, dass Kinder ab einem Alter von drei Jahren genug Weltwissen haben, dass Sie so etwas richtig einordnen können. Vor diesem Alter kann ein fiktiver Actionfilm ebenso schrecklich sein wie ein realer Kriegsreport. Beides sollten Kinder natürlich nicht zu sehen bekommen.

Gemeinsam Zeichen der Hoffung und des Zusammenhalts setzen

Wenn Du in unmittelbarer Nähe eines Anschlagsziels lebst, kannst Du diesen Ort zusammen mit Deinen Kindern besuchen, um Blumen dort abzulegen, oder um Eurer Bestürzung auf eine andere Art und Weise Ausdruck zu verleihen. Selbst, wenn Ihr nichts für die Opfer tun könnt, so hilft eine symbolische Geste Eurem Kind. Es sieht dabei, was Solidarität bedeuten kann. Es sieht auch, dass es mit seinen Gedanken und Gefühlen nicht allein ist.

ARRIVAL
  • Tan, Shaun (Autor)

Die richtigen Bücher gegen Terrorangst lesen

Es gibt eine ganze Reihe von Kinderbüchern, die sich mit dem Thema Angst und Alpträume beschäftigen. Und auch wenn sie nicht gleich vorne im Schaufenster liegen, haben sich mutige Kinderbuchautoren vielen weiteren Aspekten angenommen, die für Kinder wichtig sind. Ein international gefeierter Klassiker ist „The Arrival“ von Shaun Tan. Dieses Buch zeigt ohne Worte, wie es sein kann als Fremder in einem neuen Land anzukommen, das wahrscheinlich nie so wirklich zu einer zweiten Heimat werden kann.

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