Hebammen haben einen sehr verantwortungsvollen Beruf. Sie unterstützen dich während der Schwangerschaft, helfen dir bei der Geburt deines Kindes und betreuen dich und dein Kind in den ersten Wochen nach der Geburt. Seit einigen Jahren ist in Deutschland jedoch im Zusammenhang mit Hebammen von einem Hebammenmangel die Rede. Woran liegt das? Und was bedeutet das für dich und dein Kind? Wir erklären es!
Wie gravierend ist der Hebammenmangel in Deutschland?
Immer wieder ist zu hören oder zu lesen, dass es in Deutschland einen Hebammenmangel gibt. Erzählungen von Schwangeren, die Wochen oder gar Monate lang nach einer Hebamme gesucht oder im schlimmsten Fall keine Hebamme gefunden haben, verunsichern werdende Mütter und Väter. Was passiert, wenn Schwangere keine Hebamme finden? Wozu braucht überhaupt jemand eine Hebamme? Hier erfährst du, was du über die Hebammenversorgung wissen musst und worauf du bei der Suche nach einer Hebamme achten solltest.
Hebammenmangel – was steckt dahinter?
Leider ist es kein Einzelfall. Immer mehr Krankenhäuser schließen ihre Geburtsstationen. Der Grund: Für Krankenhäuser sind Geburten schlicht unrentabel. Auf Geburtsstationen arbeiten festangestellte Hebammen im Schichtdienst. Kommst du mit Wehen ins Krankenhaus, wirst du dort also während der Geburt von einer Hebamme betreut. Je nachdem wie lange die Geburt deines Kindes dauert, kann es zwischendurch zu einem Schichtwechsel kommen. In diesem Fall wirst du also unter Umständen von mehreren Hebammen während der Geburt begleitet. Je nachdem, wie viele Geburten die Hebammen gleichzeitig betreuen müssen, können sie sich unterschiedlich viel Zeit nehmen.
Engpässe in der Versorgung durch Hebammen gibt es in Krankenhäusern daher vor allem durch die Kapazitäten. Trotz der sinkenden Anzahl der Arbeitsstellen, schaffen es die verbleibenden Krankenhäuser oft nicht, alle Stellen mit Hebammen zu besetzen. Die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung sind einfach zu schlecht. Dabei gibt es in Deutschland viele Hebammen. Tatsächlich ist in Deutschland einem Bericht des Deutschlandfunks zufolge die Zahl der Hebammen in den Jahren von 2000 bis 2017 sogar von rund 16.000 auf 23.000 gestiegen. Der sogenannte Hebammenmangel ist daher weniger ein echter Mangel an Hebammen. Er ist vielmehr ein strukturelles Problem, das die Situation für Hebammen und werdende Mütter schwierig macht.
Immer weniger Hebammen arbeiten in der Geburtshilfe
Wegen der oft schlechten Arbeitsbedingungen in Geburtsstationen arbeiten viele Hebammen freiberuflich. Freiberufliche Hebammen begleiten dich vor während und nach der Geburt. So kannst du zum Beispiel mit Hilfe einer freien Hebamme dein Kind in einem Geburtshaus oder bei einer Hausgeburt zur Welt bringen. Viele freie Hebammen sind auch als Beleghebammen in Krankenhäusern tätig. So kann dich auch eine freie Hebamme während der Geburt im Krankenhaus betreuen.
Leider ist das „Hebammenproblem“ damit noch lange nicht gelöst. Wie Krankenhäuser erhalten auch freie Hebammen für Geburtshilfe nur ein vergleichsweise geringes Honorar. Dessen Höhe ist durch die Gebührenordnung der gesetzlichen Krankenkassen festgelegt. Gleichzeitig tragen Hebammen aber ein extrem hohes Risiko. Machen sie bei der Entbindung einen Fehler und der Mutter oder dem Kind stößt etwas zu, haften sie in vollem Umfang. Das geht soweit, dass die Rentenversicherung Schadensersatz für entgangene Versicherungsbeiträge von der Hebamme fordert, wenn das Kind bei der Geburt dauerhaft geschädigt wird und später nicht voll erwerbstätig sein kann.
Deshalb ist für Hebammen wie auch für selbstständige Ärzte eine Berufshaftpflichtversicherung gesetzlich vorgeschrieben. Die verlangen jedoch immer höhere Beiträge von mehreren Tausend Euro im Jahr. Manche Anbieter versichern Hebammen schon gar nicht mehr. Die Folge: Immer mehr Hebammen bieten schlicht keine Geburtshilfe mehr an. Stattdessen übernehmen sie nur noch die deutlich weniger riskante Vor- und Nachbetreuung der Mütter.
Regionale Unterschiede
Wie in vielen anderen Bereichen, gibt es auch bei der Versorgung mit Hebammen regionale Unterschiede. Je nach Bundesland gibt es einfach unterschiedlich viele Hebammen. Gibt es in einer Region viele Hebammen, ist es vergleichsweise leicht, eine Hebamme für die Geburtsvorbereitung und Nachbetreuung oder auch die Geburt zu finden. In anderen Regionen kann das schwieriger werden. Inzwischen gibt es zum Beispiel auf den deutschen Nordseeinseln keine Hebammen mehr. Schwangeren wird dort deshalb empfohlen, rechtzeitig ans Festland zu reisen.
Die unterschiedliche Verteilung von Hebammen spiegelt sich auch darin wieder, wie viele Schwangere eine Hebamme für die Nachbetreuung in Anspruch nehmen:
- In Niedersachsen nehmen etwa 92 % der Mütter eine Nachbetreuung in Anspruch.
- In Thüringen sind es immerhin 88 % der Mütter.
- Schlusslicht ist Schleswig-Holstein. Dort lassen sich nur rund 74 % der Mütter durch eine Hebamme nachbetreuen.
Der häufigste Grund, weshalb Mütter keine Nachbetreuung nutzen, besteht einfach darin, dass sie keine Hebamme finden.
Dabei besteht für gesetzlich Krankenversicherte Schwangere und Mütter ein gesetzlicher Anspruch auf die Betreuung durch eine Hebamme während der Schwangerschaft, bei der Geburt und eben auch auf eine Wochenbettbetreuung innerhalb der ersten 12 Wochen nach der Entbindung.
Was genau macht eine Hebamme eigentlich?
Die zentrale Aufgabe von Hebammen besteht darin, Schwangere bei der Geburt zu betreuen. Sie helfen dir, dein Kind zur Welt zu bringen. Das kann und darf eine Hebamme sogar ganz alleine. Also ohne einen Arzt. Das Gesetz schreibt sogar vor, dass eine Hebamme eine reguläre Geburt begleitet. Kommt es zu Komplikationen, muss sie jedoch einen Arzt hinzurufen. Ein Arzt alleine darf hingegen nur in Ausnahmefällen eine Geburt begleiten.
Geburtshilfe ist die bekannteste Aufgabe einer Hebamme. Darüber hinaus kann sie Schwangere auch im Verlauf der Schwangerschaft im Rahmen der Vorsorge betreuen und beraten. Auch Geburtsvorbereitungskurse für Eltern gehören zu den Aufgaben von Hebammen.
Wie die Zeit vor und während der Geburt, fällt auch die Zeit nach der Geburt in den Aufgabenbereich einer Hebamme. Sie betreut dich und dein Kind in den ersten Lebenswochen. Zum Beispiel kontrolliert sie Wachstum und Gewichtszunahme deinen Kindes, gibt Tipps zum Stillen und bei vielen anderen neuen Herausforderungen in der ersten Zeit mit deinem Kind.
Darauf solltest du bei der Suche nach ein Hebamme achten
Bist du schwanger, musst du dich im Laufe der Schwangerschaft um viele Dinge kümmern. Die Suche nach einer Hebamme gehört dazu. Das gilt in jedem Fall für die Wochenbettbetreuung durch eine Hebamme. Hier musst du selber aktiv werden. Um auf der sicheren Seite zu sein, solltest du spätestens ab dem sechsten Schwangerschaftsmonat mit der Suche nach einer Hebamme begonnen. Der größte Teil aller Schwangeren findet innerhalb von drei Monaten eine geeignete Hebamme. Die meisten brauchen sogar nur einen Monat. Am besten kombinierst du die Suche nach einer Hebamme mit einem Geburtsvorbereitungskurs, den ebenfalls Hebammen anbieten. Oft übernehmen die Hebammen, die den Kurs anbieten, dann später auch deine Nachbetreuung.
Auch für die Entbindung solltest du rechtzeitig planen. Um dich bei einer Hausgeburt oder in Geburtshaus von einer Hebamme betreuen zu lassen, solltest du dir möglichst frühzeitig eine Hebamme suchen. Möchtest du im Krankenhaus entbinden, ist es sinnvoll, dass du dich dort frühzeitig anmeldest. Natürlich lässt sich eine Geburt nicht auf den Tag genau planen. Aber je eher du dich meldest, desto besser kann die Geburtsstation darauf reagieren und entsprechend planen, wenn in einem Zeitraum besonders viele Geburten zu erwarten sind. Gibt es Engpässe, kannst du ebenfalls darauf reagieren und vielleicht noch auf ein anderes Krankenhaus ausweichen.
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Kurz gesagt
Der Hebammenmangel ist mehr ein strukturelles Problem als ein echter Mangel an Fachkräften. Die Zahl der Hebammen in den vergangenen Jahren ist sogar gestiegen. Schlechte Arbeitsbedingungen bei angestellten Hebammen sorgen dafür, dass kaum noch eine Hebamme im Krankenhaus arbeiten möchte. Für freiberufliche Hebammen ist vor allem die hohe finanzielle Belastung durch Versicherungen ein großes Problem, weshalb sich viele gegen die Geburtshilfe entscheiden.
Damit du trotzdem jederzeit während deiner Schwangerschaft gut von einer Hebamme betreut bist, solltest du frühzeitig nach einer Hebamme suchen. Das gilt vor allem für die Nachbetreuung. Oft ist ein Geburtsvorbereitungskurs eine gute Möglichkeit, um in Kontakt mit einer geeigneten Hebamme zu kommen.