“LARP – Live Action Role Play”: So nennen sich Rollenspiele in einer Welt voller faszinierender Charaktere und Geschichten. Das Besondere – die Handlung findet nicht auf einem Spielbrett oder auf dem Computer statt, sondern in der Realität.
Sei Dein eigener Held!
Jungfrauen retten, Drachen besiegen und mit Wikingern in eine epische Schlacht ziehen: Welcher Junge (und manches Mädchen) hat sich nicht vorgestellt, diese Träume wirklich werden zu lassen? Die Begeisterung für Fantasy und das Mittelalter existiert aber nicht erst seit erfolgreichen TV-Serien wie „Game of Thrones“ oder „Vikings“. Schließlich hat J.R.R. Tolkien, der Erschaffer des „Herr der Ringe“-Universums sein Hauptwerk bereits in den 30er Jahren verfasst und damit den uralten Sagen von Drachen, Zwergen und Elfen ein Denkmal gesetzt. Manch einem sind Bücher, Serien oder Rollenspiele am Spielbrett oder auf der Konsole aber nicht mehr genug.
Eine verschworene Gemeinschaft
Um die unglaubliche Vielfalt an Geschichten, Sagen und Überlieferungen ins 21. Jahrhundert zu übertragen, haben einige kreative Geister daher die bisherigen Grenzen der Phantasie durchschritten und eine Parallelwelt aufgebaut. Seit mehr als 20 Jahren existiert nun die „LARP-Szene“ in Deutschland und gewinnt immer neue Anhänger dazu. „LARP“ kommt ursprünglich aus den USA und überträgt die klassischen Rollenspiele in die reale Welt. Edle Ritter, keltische Krieger oder geschickte Waldläuferinnen sind hier keine zweidimensionalen Figuren auf irgendeinem Spielbrett oder Kartenspiel, sondern Menschen mit einer Leidenschaft für Abendteuer und unfassbar realistischen Kostümen.
Allein in Deutschland sind knapp 50.000 LARPer auf den rund 600 organisierten Veranstaltungen unterwegs. Die Teilnehmerzahl eines solchen Events schwankt dabei zwischen 20 und 10.000 Spielern jeglicher Herkunft und Altersstufen.
Kein Hobby sondern eine Lebenseinstellung
Sebastian „Basti“ Böger ist 33 Jahre alt und Mitglied in einem der bekanntesten „Clans“ oder „Stämme“ der deutschen LARP-Szene – den „Bracar Keltoi“ aus München. „Wir sind eine Mischung aus Kelten und Germanen mit einem Schuss Fantasy“, beschreibt Basti den Clan. Gemeinsam mit den anderen Mitgliedern besucht er, wenn möglich, jeden Monat ein „Convention“ oder genanntes Event auf dem sich oft mehrere tausend Gleichgesinnte treffen. Gemeinsam ziehen sie gemeinsam in die Schlacht, bestehen Abendteuer oder sitzen einfach gemütlich am Lagerfeuer und trinken den einen oder anderen Becher Met. „LARP ist mehr als ein Hobby. Es ist eine Leidenschaft und ein Stück weit sicherlich auch eine Lebenseinstellung. Alleine die Atmosphäre der Events – egal welcher Größe – macht süchtig“, sagt Basti.
Jeder Teilnehmer ist gleich wichtig
Der Zusammenhalt in den einzelnen Gruppen zeigt sich auch während der Events. Schließlich ist jedes Mitglied Teil einer spannenden Geschichte, die nur zusammen, also in der Gemeinschaft über- und erlebt werden kann. Dabei nimmt der einzelne Teilnehmer mit seinen Entscheidungen das eigene Schicksal und das Gruppe in die Hand. Kreativität ist also genauso gefragt wie Phantasie oder Vorstellungskraft. Dass es im Verlauf einer Handlung auch durchaus etwas ruppiger zugehen kann, zeigen die regelmäßigen Kämpfe und Schlachten. „Ein bisschen Spaß am Umgang mit historischen Waffen wie Schwertern, Äxten oder Pfeil und Bogen sollte man schon mitbringen“, betont Basti.
Raubeine mit Herz
Wobei es sich bei den „Waffen“ um gepolsterte Nachbildungen handelt, die allerdings täuschend echt aussehen. „Wir achten darauf, dass sich niemand verletzt. Die Mentalität ist sehr kameradschaftlich und rücksichtsvoll.“ Wer keine Lust auf Kämpfe hat, kann auch Charaktere wie Bauern, Mägde oder Hexen darstellen, die völlig ohne Waffen auskommen. Wichtig ist die Glaubwürdigkeit der Figur und ihres Verhaltens. Ein Zauberer mit Laserschwert wird also kaum anzutreffen sein.
Authentisch und naturverbunden
Überhaupt ist Authentizität gefragt. „Handys oder andere moderne Technik hat im LARP nichts verloren“ sagt Basti. „Es geht darum, in eine andere Welt einzutauchen und den Alltag einfach mal draußen zu lassen.“ Wer sich zufällig in eine Convention verlaufen würde, hätte wahrscheinlich den Eindruck, tatsächlich um einige Jahrhunderte in der Zeit gereist zu sein. Neben den Waffen sind nämlich auch die Rüstungen, Mäntel, Kutten und Röcke der LARPer den Originalen aus dem Mittelalter oder Fantasygeschichten nachempfunden.
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LARP mit Lagerfeuerromantik
Ein gewonnener Kampf oder ein bestandenes Abendteuer macht natürlich hungrig. Auch hier wird auf Realitätstreue geachtet. Fast Food oder Tupperdosen wird man eher selten finden – Lagerfeuer und gegrilltes Fleisch, das mit Bier oder Met heruntergespült wird, schon eher. Der Bezug zur Natur ist ein wichtiges Merkmal der LARP-Szene. Neben Burgen und Schlössern sind daher Lager auf Wiesen und Feldern oder im Wald die Regel.
Nicht weltfremd sondern positiv verrückt
Bei all der Fantasy und Detailversessenheit könnte man schnell auf den Gedanken kommen, dass es sich bei den LARPern um weltfremde Nerds handelt. Das Gegenteil ist der Fall. „Die meisten von uns haben völlig normale Jobs und natürlich übernachten wir im Alltag nicht in einer Jurte“, sagt Basti. „Aber hinter LARP steckt auch immer der Wunsch, auf positive Art und Weise ordentlich die Sau rauszulassen. Wir leben in den Conventions und Conqueusts sicherlich den Traum vieler Menschen, die vom grauen Alltag genervt sind.“ Manchmal bleibt es nicht bei dem Hobby. So hat sich Basti nach einigen Jahren dazu entschlossen, LARP auch beruflich in sein Leben zu integrieren.Ein Youtube-Channel zu LARP, den er gemeinsam mit seiner Verlobten und seinem besten Freund betreiben wird, ist bereits in Arbeit. Unter „Black Stag“ werden LARP-Fans hier in Zukunft voll auf ihre Kosten kommen.
Als Organisator zahlreicher LARP-Events bringt er nicht nur eigene Ideen ein, sondern verhilft auch anderen Clans dazu, die Wochenenden mit Abendteuer zu füllen.
Schlagfertige Frauen
Wer meint, dass Klans wie die „Bracar Keltoi“ reine Männersache sind, irrt. Unter den Rollenspielfans finden sich zahlreiche Frauen, die in ihren Kostümen mindestens genauso beeindrucken aussehen wie die Männer. Überhaupt ist LARP – was Geschlechterfragen angeht – sehr modern. Neben Kämpferinnen mit Kriegsbemalung, Breitschwert und Eisenrüstung finden sich auch friedliche Mönche oder Minnesänger unter den LARPern. Die einzige Grenze, ist die eigene Phantasie. „Wir schließen niemanden aus und möchten vor allem auch Kinder und Jugendliche ermutigen, sich LARP anzuschauen und aktiv mitzumachen“, sagt Basti.
Kurz gesagt
Wer glaubt, dass er durch Kinofilme oder Rollenspiele am Computer in eine andere Welt eintaucht, ist bisher noch nicht in den Genuss einer LARP-Convention gekommen. Phantasie und der Spaß am Abenteuer nimmt hier einen ganz neuen Stellenwert ein. Auch wer Lust auf Gemeinschaft hat, ist in einer der zahlreichen Gruppen gut aufgehoben. Das Klischee der weltfremden Nerds kannst Du vergessen. Mache Dir lieber selbst einen Eindruck und überlege, in welcher Rolle Du in Zukunft Dein Schicksal bestimmst.
Für die supercoolen Bilder danken wir Moritz Jendral.
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Hier ist eine Video-Playlist mit allen Filmen zum Conquest of Mythodea 2016. Wir wünschen Dir viel Spaß in der nächsten Schlacht!
